Szrama, Bettina by Die Giftmischerin

Szrama, Bettina by Die Giftmischerin

Autor:Die Giftmischerin
Die sprache: de
Format: mobi
veröffentlicht: 2012-01-31T16:32:00+00:00


Der Wind wehte leise vom Acker herüber. Die Luft roch nach Maiglöckchen, Kirschblüten und Vergissmeinnicht. Margarethes Gesicht wirkte frisch und rosig. Ihre Lider waren friedlich geschlossen. Die weißen Haare in der Mitte sorgsam zu einem Scheitel gekämmt, schien es, als schliefe sie nur in dem dunklen Sarg, in ihren weißen Kissen. Als die Träger den Sarg auf der Erde neben Miltenbergs Grab absetzten, löste sich Johann Timm von Gesches Arm und trat ehrfurchtsvoll an den Sarg heran. »Ach«, murmelte er leise, »wenn ich dich doch nur wiederhätte. Wie leer ist jetzt dein Platz bei mir zu Hause.«

Mit Wehmut dachte er daran, wie er vor acht Tagen gegen sechs Uhr hinüber in ihr Zimmer gegangen war, ihr einen guten Morgen gewünscht hatte, und anstelle ihres lieb gewordenen Antlitzes eine unbeseelte, kalte Leiche vorfand. Bei der Erinnerung rollten erneut die Tränen über seine Wangen, und er musste sich unvermutet auf Gesche stützen, die ihm mitfühlend den Arm reichte. Oh, seine Gesche, wie aufrecht und ruhig sie doch am Sarg stand, mit wie viel Würde sie diesen zweiten furchtbaren Schicksalsschlag doch ertrug, so schön in ihrem schwarzen Taftkleid mit dem hohen schwarzen Hut und dem Schleier, unter dem sie ihr hübsches Gesicht verbarg. An ihrer rechten Seite der Gottfried, wie nahe ihm doch Margarethes Tod ging, er trauerte wie um die eigene geliebte Mutter und sorgte sich dabei so liebevoll um Gesche. Nur zu gut verstand er, dass sie den Gottfried heiraten wollte. Um ihr das zu zeigen, hatte er auch angeordnet, den Sarg mit Margarethes Leiche bis zur Beerdigung in Gottfrieds Stube abzustellen. Dort sah Margarethe dann mit jedem Tag besser aus. Ihre Wangen wurden immer rosiger, bis sie den Anschein erweckte, sie sei nur scheintot. Der Herr Doktor Knake hatte ihr erst einen Spiegel an die Lippen halten müssen, um alle davon zu überzeugen, dass sie wirklich tot war.

Gesche fasste ihn besorgt um die Schultern, weil sie befürchtete, dass er vor Trauer am Grab zusammenbrechen könnte, als sie sah, wie seine Schultern nach vorn kippten und er leise vor sich hinweinte: »Wie leer ist nun der Platz in meinem Herzen.«

Es schmerzte sie zu sehen, wie sehr er die Mutter geliebt hatte, und sie dachte, oh Gott, warum habe ich ihm das angetan. Es wäre besser, würde er ihr schnell folgen.

Im gleichen Augenblick zeigte sie sich tief bewegt, als Herr von Post ihr die Hand küsste und zu ihr sagte: »Madame, wie tapfer Sie sind. So ruhig am Grab der Mutter, einer so herzensguten Frau. Gott möge sie in sein Reich aufnehmen.«

Ihre Freundin Marie umarmte sie schweigend, mit Tränen im Gesicht. Sie spürte den Schleier ihres Hutes auf ihrer Wange und dachte, wo hat sie nur diesen wunderschönen Hut her. Dann lehnte sie sich innerlich zufrieden, die am besten Gekleidete zu sein, zurück an Gottfrieds Schulter und flüsterte leise: »Ich danke dir für deine Güte, dass du den Sarg bei dir in der Stube behalten hast.«

Als er sanft ihren Handschuh mit den Lippen berührte, musste sie daran denken, wie er vor drei Tagen ganz plötzlich, den Reisestaub noch auf der Kleidung, in der Tür stand.



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